Wenn ich mich als Story-Mentor vorstelle, also als jemand, der Menschen beim Schreiben ihrer Geschichten hilft, sind die meisten Leute, die ich treffe, sehr begeistert davon. Sie haben das Gefühl, dass sie so viele unerzählte Geschichten in sich tragen. Oder es ist einfach DIESE EINE GESCHICHTE, die sie ausdrucken und für ihre Nachkommen aufbewahren möchten. Aber viele von ihnen kommen nie wirklich dazu, zu schreiben. Weil sie Wichtigeres zu tun haben?

Ich würde nicht sagen, dass jeder Schriftsteller werden sollte. Es gibt jedoch einige positive Auswirkungen auf das Wohlbefinden und die Persönlichkeitsentwicklung, die dir entgehen, wenn du es nicht tust:

Gib deinem Leben einen Sinn

Es wurden unzählige Artikel und sogar Bücher darüber geschrieben, wie man einen Sinn in seinem Leben findet. Nun, nach der bescheidenen Meinung einer Frau mit 47 Jahren Erfahrung eines experimentierfreudigen Lebens (das bin ich), solltest du nicht länger nach diesem Sinn suchen. Stattdessen: Erschaffe ihn selbst!

Bitte verstehe mich nicht falsch, ich beurteile oder verurteile hier niemanden. Ich weiß, dass das Leben hart ist, besonders für benachteiligte Menschen. Eigentlich ist es ein Kampf für uns alle, egal womit wir zu kämpfen haben (Krieg, finanzielles Chaos, Krankheit, Verlust, Herzschmerz – um nur einige zu nennen).

Veränderungen im wirklichen Leben können schwer zu erreichen sein, und manchmal sieht es so aus, als ob das Leben einen so sehr ausgelaugt hat, dass eine bessere Zukunft unmöglich erscheint. Das „Alles-ist-verloren-Gefühl“ ist verdammt real und ich bin die Letzte, die dir sagen will, dass das von dir selbst geschaffen wurde. NEIN! Wenn dir jemand weismachen möchte, dass du wahrscheinlich nicht positiv genug gedacht hast, um zu verhindern, dass die Scheiße auf dich zurollt, dann drehe dich um und gehe weg! Diese Person wird eines Tages ihren eigenen Kampf erleben und möglicherweise niemanden haben, an dem sie sich festhalten kann.

Vor diesem Hintergrund bin ich hier, um dich zu einer langsamen Genesung zu führen. Schritt für Schritt, oder sagen wir Satz für Satz, geht es darum, deinem Leben auf DEINE Art und Weise einen Sinn zu geben. Das Wunderbare hierbei liegt darin, die Arbeit zur Selbstheilung zu leisten, indem man im Dunkeln nach dem Gold gräbt.

Als Menschen sind wir die herausragenden Geschöpfe auf dieser wunderschönen Erde, die sich nach Sinn sehnen. Gute Geschichten enthalten solche sinngebende Bedeutung. Und deshalb lieben wir Geschichten nicht nur, wir brauchen Geschichten, um geistig zu überleben.

Sei der Regisseur deines Lebens

Also, wie fangen wir an? Besonders in stürmischen und schwierigen Zeiten haben wir das Gefühl, alles andere als der Regisseur unseres Lebens zu sein, nicht wahr? Deshalb schlage ich vor, mit einem kleinen Projekt zu beginnen, das nicht direkt mit deiner aktuellen Situation zusammenhängt. Auf diese Weise kannst du ein wenig Bedeutung an einem kleinen Ort schaffen, an dem sich (noch!) niemand darum kümmert.

Du kannst Belletristik schreiben. Als ich einmal an einem sehr tiefen Punkt war (ich war schon mehr als einmal an solchen Punkten – ja, so ist das Leben!), schrieb ich Kindergeschichten oder Gedichte. Beide können viel Sinnhaftigkeit enthalten. Man muss sich natürlich nicht in einer schlechten Situation befinden, um fiktional zu schreiben! Wenn du gerne Belletristik schreibst, sind Stift und Papier wahrscheinlich die besten Freunde in deinem Leben.

Einmal habe ich mit einer Freundin fiktive Briefe geschrieben. Wir schrieben beide aus der Perspektive einer imaginären Person. Es war rein zum Spaß und nach einiger Zeit hörten wir damit auf. Jahre später fiel mir auf, dass einige der Eigenschaften, die ich mir für meine fiktive Figur vorgestellt hatte, meine Realität übernommen hatten. Ich bin zum Beispiel in die gleiche Stadt gezogen, in der meine Figur lebte, 500 Kilometer von meinem Heimatort entfernt, und zum Zeitpunkt des Schreibens hatte ich keinerlei konkrete Absicht, dorthin zu ziehen. Worte können auf unterschiedliche Weise zustande kommen, bewusst herbeigeführt, zielgerichtet oder spielerisch und fließend. Ich denke, sie kommen den Wünschen deiner Seele zumeist sehr entgegen.

Wenn fiktionales Schreiben nichts für dich ist, funktionieren biografisches Schreiben oder Journaling immer.

Stelle dir deine Zukunft vor

Es gibt verschiedene Arten des Journalings und des biografischen Schreibens. Es kommt immer darauf an, was sich für dich gut anfühlt und was deine Ziele sind. Bitte sei sanft zu dir selbst. Und mache weiterhin die kleinen Schritte. 

Es kann Tage geben, an denen du nicht einmal weißt, wie du einen einzigen Satz beenden sollst. Du kannst das in dein Tagebuch eintragen: „Ich finde heute keine Worte, um einen einzigen Satz zu schreiben.“ (Das war dann doch ein Satz!) Das ist okay. Es wird nicht ewig dauern. Selbst wenn du eine ganze Woche lang jeden Tag das Gleiche schreiben würdest, wird eines Tages etwas anderes auftauchen. Es könnte so etwas sein: „Ich habe heute Morgen bemerkt, dass Sonnenlicht durch mein Fenster eindringt.“ Das ist fast eine Geschichte! Eine dramatische Wendung vom Nichts zum Licht. Vom Nicht-Empfangen bis hin zum Empfangen der warmen Energie der Sonne.

Möglicherweise bist du ein Schriftsteller, der jeden Tag etliche Seiten füllt. Dann hast du eine Menge Inhalte zum Durchsuchen. Findest du Regelmäßigkeiten in deinen Gedanken oder deiner Realität? Gibt es einen bestimmten Aspekt in deinem Leben, der dich sehr triggert? Darüber kann man mehr schreiben. Finde heraus, worum es geht, indem du Ideen und Argumente zu deinem Thema aufschreibst.

Wenn du täglich schreibst, erhältst du schon bald ein klareres Verständnis für deine aktuelle Situation. Ich bin eine Freundin von Problemen. Als Drehbuchautorin und als Mensch sehe ich die Unvermeidlichkeit von Problemen und die Chancen, die sie für uns bereithalten. Wenn wir uns ihnen stellen, werden wir zum Regisseur unseres Lebens. So grausam sie auch sein mögen, sie wollen direkt angeschaut werden. Regisseure stehen direkt vor Problemen, das müssen sie tun, um den Film am Laufen zu halten! Das Aufschreiben deiner Probleme, so klar wie möglich, ist ein großer Schritt in Richtung der Lösung.

Tipp: Versuche, verschiedene Lösungen für ein Problem als Zukunftsszenarien aufzuschreiben. Es kann fantasievoll, lustig und größenwahnsinnig sein. Aber Vorsicht – deine Worte könnten wahr werden!